Geplanter Zuständigkeitswechsel der Arbeitsförderung von Menschen unter 25 Jahren von Jobcenter auf die Agentur für Arbeit zum 1. Januar 2025
Haushaltssanierung zulasten junger Menschen in der Grundsicherung?
Funktionierende Strukturen müssen erhalten werden!
Die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen der Bundeshaushaltsplanung 2024 und der mittelfristigen Haushaltsplanung 2025-2027 ab dem 01. Januar 2025 unter 25-jährige Kund*innen des Jobcenters für aktive Arbeitsförderung in die Zuständigkeit des SGB III und somit der Bundesagentur für Arbeit zu überführen.
Die passiven Leistungen in Form des Bürgergeldes sollen in Zuständigkeit des Jobcenters (SGBII) verbleiben und wären steuerfinanziert. Die aktive Arbeitsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit hingegen wäre dann beitragsfinanziert.
Was bedeutet das für Niedersachen?
Der geplante Zuständigkeitswechsel betrifft in Niedersachen über 74.000 junge Menschen unter 25 Jahren. Diese Gruppe stellt einen Anteil von 19% an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im SGB II dar.
Die jungen Menschen können bisher mit einer Vielzahl von passgenauen Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt gefördert werden. Über Gesetzreformen der letzten Jahre ist der Instrumentenkatalog des SGB II kontinuierlich weiterentwickelt worden, um den Bedarfen der jungen Menschen gerecht zu werden. Ein großer Teil der Fördermöglichkeiten bezieht sich in der Praxis auf Aktivierungshilfen für Jüngere. Das Besondere hieran ist die dezentrale, auf regionale Bedarfe zugeschnittene Ausgestaltung der Angebote und Inhalte.
Das niedersächsische Jugendwerkstattprogramm des Sozialministeriums bietet zudem ein besonders umfassendes rechtskreisübergreifendes Angebot, das die Hilfen des SGB VIII mit den Leistungen des SGB II durch sogenannte Aktivierungshilfen kombiniert. Die Jugendwerkstätten haben sich bewährt, fortlaufend weiterentwickelt und an die aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen angepasst. In Zeiten des zunehmenden Zuzugs von jungen Geflüchteten und anderen Migrant*innen wurden die Angebote speziell auch auf die jungen Zugewanderten ausgerichtet. Jugendwerkstätten bieten durch die Förderung vom Land und Jobcenter verlässliche Hilfestrukturen.
Jobcenter sind in der Regel die Katalysatoren der operativen und strategischen Zusammenarbeit der Rechtskreise. Mit dem Zuständigkeitswechsel wird ein Vakuum in der Arbeit der Jugendberufsagenturen und in der Gestaltung der örtlichen Infrastruktur mit der Jugendhilfe entstehen.
- Der Grundsatz „Niemand soll verloren gehen“ wird durch die geplante Umstrukturierung abgeschafft!
- Vorhandenen Maßnahmen und Projekte werden nicht fortgeführt und somit bewährte Strukturen und Netzwerke zerschlagen!
- Abläufe werden durch die erforderlichen Abstimmungen zwischen aktiven und passiven Leistungen sowie dem Übergang mit 25 Jahren mehr als kompliziert!
- Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung und Suchtberatung nach § 16a SGB II wird für die jungen Menschen entfallen, da eine entsprechende Regelung im SGB III fehlt!
- Laufende Landesförderprojekte sind durch den Ausfall der Kofinanzierung und der fehlenden Zuständigkeit der Jobcenter mehr als gefährdet!
- Die Mitwirkung im Bereich des SGB III zielt auf Freiwilligkeit ab. Damit fehlen den jungen Menschen die bewährten Anreize zur Mitwirkung aus dem SGB II, so dass die Gefahr für dauerhafte Kontaktabbrüche vorprogrammiert ist!
- Betreuungsunterbrechungen und Zuständigkeitswechsel werden bei Integrationsprozessen junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und Fluchthintergrund Chancen zu einer guten gesellschaftlichen und beruflichen Integration im Wege stehen!
- Wohnortnahe Betreuung der Jugendlichen, noch dazu im familiären Kontext, dürfte allein schon aufgrund der geringen Zahl von Agenturstandorten zukünftig nicht mehr gewährleistet sein!
Dieses Vorhaben muss kritisch überdacht werden!
Wir dürfen die jungen Menschen nicht aus dem Blick verlieren!